Geschichte der Festung Przemyśl

Die Festung Przemyśl bringt einen ausgezeichneten technischen Gedanken zum Ausdruck, sie begeistert jeden Besucher. Als sie gebaut wurde, hat sie sich schon damals großen Interesses erfreut. Die Zahl der Personen, die sich für Militärtechnik des Ersten Weltkrieges interessieren, wächst rasch. Dieses Interesse führt dazu, dass die Festung Przemyśl in ganz Europa bekannt ist und das Kulturerbe der Stadt Przemyśl als ein Bestandteil von der Schlachtlandschaft und mit ihr untrennbar verbundenem Fortifikationssystem betrachtet wird.

Um zu verstehen, welche Rolle die Festung spielte und immer noch spielt, wäre es sinnvoll die Gestaltung ihrer Architektur, ihren Entwurf und Bauverlauf sowie ihre massive Erweiterung und Modernisierung – von der Entstehung an, über die Eroberung bis zum heutigen Tag - zu verfolgen. Heutzutage ist sie ein charakteristisches Merkmal der Landschaft und ein historisches Denkmal, das dauerhaft der Landschaft und der Stadt gehört.

Erste Pläne und Erwähnungen über die Absicht in Przemyśl Fortifikationswerke zu bauen, kommen schon aus dem 19. Jahrhundert. Damals stand die Stadt schon unter der Regierung der Habsburger. Eines der ersten Dokumente ist die Denkschrift des Erzherzogs Johann von Österreich aus dem Jahre 1810, in der er Przemyśl zu befestigen empfohlen hat.

Das nächste Dokument, in dem eine genaue Analyse und zugleich eine Fachexpertise über die Möglichkeiten der Befestigung der Stadt Przemyśl angefertigt wurden, war der Bericht des Ingenieurs Michał Cichocki. Auch der Erzherzog Johann von Österreich, der während des Aufenthalts in Galizien drei Tage in Przemyśl weilte, hat seine Behauptung aus dem Jahre 1818, in Przemyśl eine Festung zweiter Klasse zu errichten, aufrechterhalten.

Przemyśl wurde nach Krakau als zweitwichtigster Ort für Bau der Befestigungen anerkannt. Diese Feststellung wurde im Bericht der Zentralen Kommission für Fortifikationen aufgeschrieben, die im Jahre 1849 vom Kaiser Franz Joseph ins Leben gerufen wurde. Zuerst war Przemyśl ein befestigtes Militärlager, in dem mit dem Bau von Feldbefestigungen und Fortifikationswerken rings um die Stadt, den Verkehrswegen entlang, begonnen wurde.

Heinrich Hess hat im Jahre 1856 über die Notwendigkeit geschrieben, die Befestigungen im größeren Ausmaß um Przemyśl herum zu bauen. Auch der General Franz von John hat solche Meinung 1868 in seiner Denkschrift zum Ausdruck gebracht. Im Jahre 1871 wurde der Entschluss gefasst, die Stadt zu befestigen, im Jahre 1873 wurde der Rang der Stadt zur Festung erster Klasse erhöht. Es wurde die Direktion für Bau der Festung Przemyśl ins Leben gerufen, anfänglich wurde leider der Fortschritt beim Bau wegen des Geldmangels verlangsamt.

Die weiteren Bauarbeiten waren von der politischen Situation und immer stärkeren Spannungen in Europa abhängig. Die Verschärfung der Verhältnisse zwischen Österreich und Russland hat seit 1878 zur Beschleunigung der Arbeiten geführt. Die meisten Objekte waren am Anfang aus Holz und Erde gebaut, später hat man Beton eingeführt.

In der ersten Bauphase hatte die Festung Przemyśl zwei Ringe: den ersten inneren Ring und den zweiten äußeren Ring. Nach der Modernisierung bildeten sieben neue Artillerieforts und die Befestigungslinie mit 15 Werken den Kernbereich. Das Fortifikationssystem wurde auch durch Feldbatterien, permanente Batterien und Pulvermagazine ergänzt.

 

Nach den Plänen des schweizerischen Ingenieurs Baron Daniel Salis-Soglio wurde 1878 – 1883 der Ausbau der Fortifikation durchgeführt. Im Jahre 1883 hat das Ministerium für Krieg den Major Antoni Werner zum ersten Kommandanten der Festung Przemyśl ernannt. In den Jahren 1886-1988 verwandelte sich Przemyśl in eine ringförmige Gürtelfestung. Für die Ausbau- und Modernisierungsarbeiten war der Ingenieur Major Maurycy Brunner verantwortlich. An der nördlichen und südöstlichen Seite wurden bei Fort Siedliska sechs Nebenforts erbaut, das Fortifikationssystem wurde durch Zwischenwerke ergänzt, zwei neue Forttypen wie Panzerfort und Infanteriefort wurden errichtet. Das Ganze wurde in acht Fortifikationsgruppen geteilt.

 

Im Jahre 1892 fand in der Festung Przemyśl das erste Manöver statt, im Jahre 1896 wurden zum ersten Mal die Beobachtungsballone als Fesselballone verwendet. In den Jahren 1900–1907 wurden die Forts und andere Festungswerke modifiziert und modernisiert.

Die aus einem Kernbereich, einem inneren und einem äußeren Ring bestehende Festung Przemyśl hat hauptsächlich Fortifikationen, Befestigungen, Verteidigungsanlagen und Baudenkmäler aus dem Ersten Weltkrieg. Heutzutage liegen sie im Landkreis Przemyśl, direkt in der Stadt Przemyśl oder in ihrer Umgebung.

 

Den Festungskern bilden 28 Schanzen, 3 Batterien, 8 Forts, 2 Sanoker Tore (Unteres und Oberes Tor), das Tor von Krówniki sowie das Pulvermagazin in „Ostrowie“.

Zum inneren Festungsring gehören 2 Forts, 1 Schanze und Stützpunkt, 5 Batterien.

Den äußeren Festungsring bilden 32 Forts, 13 Stützpunkte, 6 Schanzen, 14 Batterien, Feldkasernen in Optyń und Iwanowa Góra. Die Liste der Objekte, die zum äußeren Festungsring gehören:

Fort I "Salis Soglio" von Forts der Befestigungsgruppe Siedliska unterstützt. Die Fortifikationen, Befestigungen, Verteidigungsanlagen und Baudenkmäler aus dem Ersten Weltkrieg der Befestigungsgruppe Siedliska liegen heutzutage in der Ukraine in der Nähe von Orten: Szeginie, Popowice, Drohobycz, Byków, Cyków. Zu den wichtigsten Forts der Befestigungsgruppe Siedliska gehören s.g. vorgeschobene Forts (das Gebiet der Ukraine): I/1 "Łysiczka", I/2 "Byków", I/3 "Pleszowice", I/4 "Maruszka Las", I/5 "Popowice", I/6 "Dziewięczyce".

  • Fort IIb "Cyków" (Jaksmanice, Gemeinde Medyka), 1915 gesprengt, gegen 1920-1930 teilweise abgerissen (Infanteriezwischenwerk)
  • Fort II "Jaksmanice"
  • Fort IIa "Mogiłki" (Jaksmanice, Gemeinde Medyka), Erde, Mauerwerk., 1892-1900, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 (Artilleriefort mit einem Wall – Stellungsbatterie).
  • Fort III "Łuczyce"
  • Fort IlIa "Hermanowice-Kolej" (Pikulice, Gemeinde Przemyśl), Erde, Schanze des befestigten Lagers, 1854-1857, in Batterie umgebaut, gesprengt 1915, abgerissen gegen 1920-1930 (Fort zur Nahverteidigung).
  • Fort IV "Optyń"
  • Fort V "Grochowce"
  • Fort Va "Grochowce-Leśniczówka" (Grochowce, Gemeinde Przemyśl), Erde, Mauerwerk, 1900-1903, gesprengt 1915, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 (Infanteriezwischenwerk).
  • Fort VI "Iwanowa Góra"
  • Fort VIb "Lipnik" (Kruhel Wielki, Gemeinde Krasiczyn), Erde, Mauerwerk, 1908-1910, ausgebaut 1914, teilweise abgerissene Bunker gegen 1920-1930 (verteiltes Werk zur Nahverteidigung).
  • Fort VII "Prałkowce"
  • Fort VII 1/2 "Tarnawce" (Ostrów, Gemeinde Przemyśl), Beton, Erde, Mauerwerk., Schanze des befestigten Lagers 1854-1857, in Batterie umgebaut 1880-1887 und 1892-1900, teilweise gesprengt 1915, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 und 1985-1992 (Panzerfort zur Nahverteidigung).
  • Fort VIII "Łętownia"
  • Fort VIIIa "Łętownia-Leśniczówka" (Łętownia, Gemeinde Przemyśl), Erde, 1900-1903, gesprengt 1915, abgerissen gegen 1920-1930 (Zwischenwerk).
  • Feldbatterie der Fortartillerie "Łętownia" (Łętownia, Gemeinde Przemyśl), Erde, 1914.
  • Fort IX "Brunner"
  • Fort IXa "Przy Krzyżu" (Ujkowice, Gemeinde Przemyśl), Erde, Mauerwerk, 1893, gesprengt 1915, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 und 1966-1967 (Panzerzwischenwerk zur Nahverteidigung).
  • Fort Xb "Zagrodnia" (Ujkowice, Gemeinde Przemyśl), Erde, Mauerwerk, 1892-1900, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 (Artilleriefort).
  • Zwischenschanze für Infanterie X/B1 "Orzechowce" (Ujkowice, Gemeinde Przemyśl), Erde, gegen 1890, Bunker abgerissen gegen 1920-1930.
  • Fort X "Orzechowce"
  • Anschlussbatterie X/B2 "Orzechowce" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, 1892-1900, Bunker abgerissen gegen 1920-1930 (Anschlussbatterie zum Fort X).
  • Batteriewall B2 "Orzechowce" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, 1892-1900.
  • Batterie X/B3 "Orzechowce" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, Mauerwerk, 1892-1900, Bunker abgerissen gegen 1920-1930 (permanente Zwischenwerkbatterie zur Fernverteidigung).
  • Fort "Orzechowce" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Beton, Erde, 1903-1910, gesprengt 1915, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 (Zwischenwerk zur Nahverteidigung).
  • Batterie "Pruchnicka Droga" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, Mauerwerk, 1892-1900, Bunker abgerissen gegen 1920-1930 (Zwischenwerkbatterie).
  • Fort Xa "Pruchnicka Droga" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, Mauerwerk, 1892-1900 (Panzerzwischenwerk zur Nahverteidigung).
  • Fort XIa "Cegielnia" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, Mauerwerk, 1894, errichtet nach Projekt von Maurycy von Brunner, gesprengt 1915, teilweise abgerissen gegen 1920-1930 (Panzerzwischenwerk für Infanterie).
  • Fort XIb "Gaj" (Orzechowce, Gemeinde Żurawica), Erde, 1903-1910, Bunker teilweise abgerissen gegen 1920-1930 (Zwischenschanze für Infanterie).
  • Fort XI "Duńkowiczki"
  • Schanze XI "Duńkowiczki" (Duńkowiczki, Gemeinde Orły), Erde, Schanze des befestigten Lagers 1854-1857, umgebaut 1880-1887, modernisiert zur Nahverteidigung 1914, Bunker abgerissen gegen 1920-1930.
  • Fort XII "Werner"
  • Überreste des Festungsmilitärflughafens (Żurawica, Gemeinde Żurawica), Fundamente des Wachtraums und der Hangars, Mauerwerk, zerstört 1915.
  • Fort XII 1/2 "Żurawica" (Żurawica, Gemeinde Żurawica), Erde, Ende des 19. Jahrhunderts, planiert (Überreste des Artillerieforts).
  • Fort XIIIb "Bolestraszyce"
  • Fort XIII "San Rideau"
  • Fort XIIIa "Zabłocie" (Bolestraszyce, Gemeinde Żurawica), Erde, Mauerwerk, 1900-1903, beschädigt 1915, Abriss der Kehlkaserne gegen 1920-1930 (Infanteriezwischenwerk).
  • Schanze "Hurko" A (Hurko, Gemeinde Medyka), Erde, Schanze des befestigten Lagers 1854-1857, umgebaut 1914, teilweise planiert gegen 1975 (Artillerieschanze Typ FS).
  • Schanze "Hurko" B (Hurko, Gemeinde Medyka), Erde, Schanze des befestigten Lagers 1854-1857, umgebaut 1914, teilweise planiert gegen 1975 (Artillerieschanze Typ FS).
  • Fort XV "Borek"
  • Anschlussbatterie XVa "Borek" (Siedliska, Gemeinde Medyka), Erde, 1892-1900.

 

 
Autor: Tomasz Trojnar   Autor: Tomasz Idzikowski

 

Die Festung Przemyśl bildeten nicht nur die Fortifikationen, sondern auch ausgezeichnet geplante und stark ausgebaute Infrastruktur mit Munitionsmagazinen, einem Netz von neuen Verkehrswegen, Stromnetz, Pulvermagazinen, Artillerielagern, Kasernen, einem Militärkrankenhaus, Verwaltungsgebäuden u.s.w. Die Festung verfügte auch über vier Flughäfen: einen Feldflughafen in Buszkowiczki, einen Reserveflughafen in Bakończyce und zwei permanente Flughäfen in Hureczko und Żurawica.

Gleich nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 16. August 1914 organisierte das österreichische Armeeoberkommando sein Quartier in Przemyśl. Nach der russischen Gegenoffensive, in deren Folge sich im September das Armeeoberkommando aus der Gegend von Przemyśl nach Nowy Sącz zurückgezogen hat, wurde der Befehl gegeben: “Die Festung ist vorübergehend allein gelassen und muss auf das Äußerste halten". Zum ersten Mal wurde am 17.September von der Festung geschossen, als in der Nähe der Befestigungsgruppe Siedliska die russische Streife erschien. Der Schuss fiel vom Fort Popowice. Dieser Tag und dieser Moment werden als Beginn der Belagerung der Festung Przemyśl betrachtet. Nach dem 26.September wurde die Stadt von der etwa 280 000 Soldaten zählenden russischen Armee völlig umstellt. In der Festung stationierten damals 130 000 österreichische Soldaten. Die Kämpfe dauerten bis zum 9. Oktober, als die Truppen der 3. österreichischen Armee in die Stadt aus Richtung Prałkowce einmarschierten und die russischen Kräfte hinter die San Linie brachten. Die Belagerung ging zu Ende. Die Verluste, die die beiden Armeen, sowohl die österreichische als auch die russische Armee erlitten hatten, waren enorm. Die Festung blieb jedoch in österreichischer Hand. Die Situation dauerte nicht lange, denn am 5. November umstellten die Russen schon wieder die Festung. Die Stadt war damals übervölkert, hier stationierten 130 000 Soldaten, es gab 2 000 russische Gefangene und etwa 30 000 Zivilisten. Die Belagerung dauerte bis zum 22. März 1915. An diesem Tag gab der Festungskommandant Hermann Kusmanek dem Befehl zur Kapitulation der Festung. Vor dem Einmarsch der Russen in die Festung und in die Stadt wurden die Forts, Batterien, Munitionsmagazine, Kommunikationsanlagen, Waffen, Munition, Kanonen und Brücken gesprengt. Auf den Wiesen in der Nähe von Hurko wurden 5 000 Pferde erschossen, danach ging die Festung in russische Hand.

Am 23. und 24. April besuchte der russische Zar Nikolai II. die von Russen eingenommene Festung Przemyśl und die Nachricht über ihren Fall wurde in der ganzen Welt verbreitet. Im Zuge der gewonnenen „Schlacht von Gorlice“ folgte der Gegenangriff der österreichischen und deutschen Truppen, der zur dritten Belagerung der Festung Przemyśl führte. Am 19. Mai 1915 begannen die Kämpfe um die Festung. Infolge eines massierten Angriffs der vereinten Kräfte, nach nur ein paar Tage dauernden Kämpfen, wurde die Festung am 2. Juni von den Russen zurückgegeben. Durch die gravierenden Schäden an der gesamten Anlage verlor die Festung Przemyśl im weiteren Verlauf des Krieges jedoch jegliche militärische Bedeutung.

 

 

Textbearbeitung: Jacek Dzik